Two Open Rectangles Excentric Triangular Section, Variation VII (1977)
George Rickey (1907-2002)
1977
Edelstahl
„Two Open Rectangles Excentric Triangular Section“ ist ein im sorgfältig austarierten Gleichgewicht gehaltenes, bewegliches Gefüge, das so konstruiert ist, dass es labil erscheint und suggeriert, die Gravitation sei außer Kraft gesetzt.
Die Pendelbewegungen der beiden hohen, schmalen Rechtecke sind durch die technische Konstruktion genau vorgegeben, ihr aktueller Auslöser ist aber bewusst zufälligen Naturkomponenten überlassen. Schon ein leichter Wind oder eine Turbulenz löst langsame, pendelnde Bewegungen aus. Wechselnde Licht- und Schattenwirkungen, die durch die Bewegungen des glänzenden Edelstahls hervorgerufen werden, sind im Konzept der Plastik mitgedacht. Die beiden Rechtecke sind über leicht abgewinkelte Lager aufgehängt. Sie können sich frei bewegen, werden sich aber niemals berühren.
George Rickey wurde seit den 1950er Jahren zu einem der wichtigsten Vertreter der Kinetischen Kunst. Er entwarf Metallskulpturen mit Elementen, die schon durch geringe Luftströme in Bewegung geraten.
1974 war seine Skulptur „Drei rotierende Quadrate“ Auslöser eines Sturms öffentlicher Empörung, nachdem die Stadt Münster seine Skulptur für 130.000 DM kaufen wollte.
Vorausgegangen war die Erkenntnis, dass bis dahin „das 20. Jahrhundert in Münster kaum stattgefunden“ hatte - jedenfalls, was die Kunst im öffentlichen Raum anbelangt. Eine eigens zum Zweck der „ästhetischen Aufholjagd“ eingesetzte Kunstkommission wollte die Münsteraner vorsichtig an modernere Kunst heranführen und hatte die Anschaffung eines fast schon klassischen Werkes eines international anerkannten Künstlers ins Auge gefasst. Die Skulptur „Drei rotierende Quadrate“ stand als Leihgabe in der Berliner Nationalgalerie. Das spielerische Element dieser Arbeit sollte den Zugang zur Moderne erleichtern.
Ein handfester Skandal war die unmittelbare Folge. Der Leiter des öffentlichen Fuhrparks fühlte sich berufen zu erklären: „Da muss man schon ziemlich auf dem falschen Bahnsteig sein, wenn man das als Kunst ansieht“. Der Protest zog so weite Kreise, das der Rat um das Ansehen der Stadt Münster fürchtete: Münster könnte angesichts der Proteste für „Provinzialismus“ und „Banausentum“ stehen. Der Kauf wurde nicht beschlossen.
Die Skulptur wurde 1975 nicht von der Stadt Münster, sondern von der Westdeutschen Landesbank erworben und Münster geschenkt. Sie wurde an der Engelenschanze als erste kinetische Plastik und erste moderne Freiplastik überhaupt in Münster aufgestellt und steht dort noch heute.
Die öffentliche Erregung führte zu der Idee, 1977 die Ausstellung Skulptur.Projekte ins Leben zu rufen, die seitdem alle 10 Jahre wiederholt wird.
Im selben Jahr entschloss sich Bochum zum Kauf des „Terminal“ von Richard Serra - und löste ebenfalls einen Proteststurm aus.
Standort:
Ruhr-Universität Bochum
Universitätsstraße 150
44801 Bochum
Siehe auch:
Terminal
Kunst an der Ruhr-Universität Bochum:
Evolution (Hanns Holtwiesche)
Keramikwand (Victor Vasarely)
Grand Vitrail Cinetic (Victor Vasarely)
Verkleidungen der Versorgungskerne
Ziegelrelief Universitätsbibliothek (Henryk Dywan)
Schriftzug „Ruhr-Universität“ (Henryk Dywan)
Tor und Doppelwinkel (Friedrich Gräsel)
Wasserrelief Forumsbrunnen (Erich Reusch)
Kreuzblütler (Anatol)
Sandmühle (Günther Uecker)
Toutes Directions (Yaacov Agam)
Metrical Construction (David Rabinowitch)
Trace (James Reineking)
Grande Diagonale (Giuseppe Spagnulo)
Leuchtschriften an der Universitätsbibliothek (Mischa Kuball)
Guernica (Reproduktion)
Graffiti
& so weiter ... (Lawrence Weiner)
Nachlesen:
Wikipedia: George Rickey
Westfälische Nachrichten: Wie Münster Rickey lieben lernte
münster wiki: Drei rotierende Quadrate
virtuelles museum moderne nrw: Two Open Rectangles ...
virtuelles museum moderne nrw: George Rickey
RUB: Sammlung Moderne
Ruhr-Universität: Homepage
Literatur:
Erläuterungen zur modernen Kunst: 60 Texte von Max Imdahl, seinen Freunden und Schülern. Düsseldorf 1990.
(Den Kern des Buchs bilden 26 Interpretationen von Bildern und Skulpturen der Kunstsammlungen der RUB, die Max Imdahl während seiner Tätigkeit veröffentlicht hat. Mit Abbildungen der interpretierten Werke.)