Friedhof Freigrafendamm (1935-1942)
Ludwig Kunstmann (1877-1961), Hamburg
Wilhelm Winkelmann (1904-1989), Hattingen
1935, 1940-42
Stein, Eisen
Der Hauptfriedhof Freigrafendamm entstand von 1935 bis 1941 in konsequent nationalsozialistischer Bauauffassung. Die Friedhofsanlage ist, soweit bekannt, das einzige vollendete und erhaltene Beispiel dieser heroisch-faschistischen Staats- und Parteiarchitektur im Ruhrgebiet. Die Bauten des Friedhofs Freigrafendamm sind bis ins Detail durchdrungen von nationalsozialistischer Ideologie.
Die Große Trauerhalle mit über 15 m Höhe ist das Symbol des ideologischen Konzeptes. Der Eingangsbereich wird nachhaltig bestimmt durch die strenge Monumentalität des riesenhaften Hallenportals. Zwei Reihen überlebensgroßer Steinskulpturen flankieren den Eingang. Alle sechs Figuren sind so hoch angebracht, dass der in der schluchtähnlichen Situation isolierte Besucher den Kopf in den Nacken legen muss, um zu ihnen aufzublicken. Die überhöhten bewaffneten Figuren schuf der Hamburger Bildhauer Ludwig Kunstmann. „Die alte Generation“ und „die junge Generation“ sollten als „Verkörperung des heldischen Kampfes“ die „Kämpfer des Weltkrieges“ und die „Kämpfer des neuen Reiches“ darstellen. An beiden Seiten befindet sich in der Mitte eine göttliche Frauengestalt mit Helm und Schild, flankiert von jeweils zwei wachsamen Kriegern. Die Figuren sollten heroische Totenwächter symbolisieren. Die ursprünglichen Hakenkreuze auf den Schilden der mittleren Figuren wurden nach 1945 zu geometrischen Mustern abgewandelt.
Links an der Fassade der Kleinen Trauerhalle befindet sich die Statue „Das Leben“, ebenfalls von Ludwig Kunstmann. „Es ist eine symbolische Darstellung des Lebens [...] Von der Gestalt geht ein starker Eindruck aus. Sie mahnt den Lebenden, des Lebens zu Gedenken, ein schönes Sinnbild des Lebens an der Stätte des Todes.“ Die hohe, überlängte Männerfigur wirkt ärmlich, aber kraftvoll - fast wie ein aus der Schlacht heimgekehrter Gefährte der „Jungen Generation“ vor der großen Halle.
Das Konzept der gesamten Traueranlage beruhte auf dem nationalsozialistischen Konzept des „Nordischen Glaubens“. Tatsächlich gibt es kein christliches Zeichen in der Anlage. Die damalige Verherrlichung der Feuerbestattung an diesem Ort muss in Gedenken an die Verbrennungsöfen der Konzentrationslager als ungeheuer zynisch empfunden werden. Der Freigrafendamm bleibt ein sehr vielschichtig zu deutendes, nationalsozialistisches Symbolwerk. Die Bauten wurden in die Denkmalliste der Stadt Bochum aufgenommen. Sie müssen erhalten und gepflegt werden, so dass die Mahnung stets vor Augen geführt werden kann.
(nach Hans H. Hanke, In schlechter Würde?, s.u.)
Ganz anders, geradezu heiter, hat Wilhelm Winkelmann schon 1935 die Gittertore zum kleinen Innenhof gestaltet. Sie zeigen Symbole des Lebens und im mittleren Tor den Verlauf eines Lebens - in der einen Hälfte für eine Frau, in der anderen für einen Mann.
Der Großen Trauerhalle gegenüberliegend, auf der linken Seite vom Eingang her, befindet sich das Mahnmal zur Erinnerung an die Toten des Zweiten Weltkriegs. Die Entstehung dieses Mahnmals hängt eng mit der Schaffung eines sogenannten „Ehrenteils“ des Friedhofes für Kriegsopfer zusammen. Das Mahnmal besteht aus einem Hochkreuz und einem großflächigen Glasmosaik rechts davon.
Standort:
Hauptfriedhof Bochum am Freigrafendamm
Immanuel-Kant-Straße
44803 Bochum
Siehe auch:
Klagende Mutter (Niobe-Mosaik)
Nachlesen:
bochum.de: Hans H. Hanke, In schlechter Würde?
Wikipedia: Ludwig Kunstmann
Heimatverein Möhnesee über Wilhelm Winkelmann