artibeau : kunst in bochum - umsonst und draußen

Rathaus Bochum (1927-31)

Position in Karte zeigen (Neues Fenster).

Eingangstüren: Augusto Varnesi (1866-1941), Frankfurt
Brunnen: August Vogel (1859-1932), Berlin
1927-31
Bronze, Travertin

Von den aufwendigen Dekorationen am Rathaus sind nur die Eingangstüren mit aufwendig gestalteten Bronzegittern im Stil der Florentiner Renaissance und der „Brunnen der Schönheit“ (links) und der „Brunnen des Glücks“ (rechts) erhalten.

Der Brunnen des Glücks zeigt - jetzt teils stark beschädigte - Putten mit folgenden Motiven: Eheglück mit Ring und Pantoffel, Fruchtbarkeit mit einem Apfel, Optimismus mit leerem Portemonnaie und Illusion mit Seifenblasen.

Die Türen zeigen symbolische Figuren und Motive: z.B. Hahn (Wachsamkeit), Adler (Macht), Hund (Treue), Schiff (Handel), Einhorn (Glück), aber auch Motive des Industriezeitalters (Zahnrad, Schlote).

1904 wurde Bochum Großstadt. Die ersten Eingemeindungen hatten die Einwohnerzahl über die magische Grenze von 100.000 Einwohnern gebracht.

Noch 1907 war über Bochum zu lesen

„Die Stadt Bochum ... wird statistisch als Großstadt behandelt, denn sie zählt nahe an 130.000 Einwohner. Sonst hat die Stadt nichts Großstädtisches an sich. Die Einwohnerzahl ist zusammengekommen durch die vor einigen Jahren erfolgte Einverleibung einiger ausgedehnter Landgemeinden, die noch heute den Charakter des Dorfes unverändert tragen, während die alte Stadt Kleinstadt geblieben ist.“

Weitere Eingemeindungen folgten 1926 und 1929 und brachten die Einwohnerzahl auf über 200.000 Personen.

Ein neues großes repräsentatives Rathaus musste her. Die Überlegungen dazu begannen schon vor 1914. Gebaut wurde es von 1927 bis 1931. Trotz eines Architektenwettbewerbs mit Entwürfen namhafter Architekten - unter anderen Hans Scharoun - wurde der Auftrag freihändig an den Architekten Karl Roth vergeben. Das Rathaus sollte den „Charakter einer aufstrebenden modernen Industrie-Großstadt“ darstellen. Gefordert war aber auch „eine würdige Ausgestaltung hinsichtlich der Architekturformen und Baustoffe“.
Der Architekt baute ein technisch hochmodernes, durchrationalisiertes Gebäude, das sich äußerlich historisierend im Stil der Renaissance präsentierte, die als Zeit des starken Bürgertums, der Erfindungen und Entdeckungen galt - genau dem Selbstverständnis des Industriezeitalters entsprechend.
Der Ratssaal mit dem Glockenturm ist als zentraler Ort der Demokratie in den Hof gestellt. Außen und innen wurde das Rathaus mit aufwendigen Dekorationen ausgestattet, die nur zum Teil erhalten sind.
Die großen Bronzefiguren auf dem umlaufenden Balkon und den Treppenabsätzen des Innenhofs wurden 1940 (oder 1943) „zum Geburtstag des Führers“ als Kriegsmaterial eingeschmolzen.

Das Glockenspiel auf dem Ratssaal war das erste Gussstahl-Glockenspiel der Welt. Das Original wurde im Krieg zerstört. Das jetzige Glockenspiel wurde der Stadt 1951 vom Bochumer Verein geschenkt. Es wird wegen seiner Klangreinheit gelobt.

Standort:
Willy-Brandt-Platz
44787 Bochum

Siehe auch:

Nachlesen:
Stadt Bochum: Rathaus
Historischer Rundgang Bochum: Rathaus
Wikipedia: Rathaus Bochum
Wikipedia: Augusto Varnesi
Wikipedia: August Vogel
ruhr-bauten.de: Hans Scharoun in Bochum

Lesenswert:
Dietmar Bleidick, 100 Jahre Großstadt Bochum. Quellen zur Industrie- und Stadtgeschichte, ausgewählt und kommentiert. (Bochumer Zeitpunkte Heft 14 von 2003)

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Chronologie 1914-1945

1914  Bis zum Ersten Weltkrieg steigt die Jahresförderung (Ruhrgebiet) auf 114 Millionen Tonnen, gefördert von 440.000 Beschäftigten.

1914  Rhein-Herne-Kanal und erstes Teilstück des Datteln-Hamm-Kanals fertiggestellt.

1914/18  Erster Weltkrieg. Die Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet macht Riesengewinne. Die Bevölkerung hungert.

1915  Der Rohbau des Kaufhauses der Gebrüder Alsberg (später Kaufhaus Kortum) ist fertiggestellt, doch muss er als Lebensmittellager dienen

1919  Saladin Schmitt wird Intendant des Bochumer Stadttheaters.

1920  Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (heute Regionalverband Ruhr) gegründet

1922  höchste Beschäftigtenzahl im Ruhrbergbau: 576.644 Personen.

1923  Zwischen dem 11. und dem 16. Januar besetzen französische und belgische Truppen das gesamte Ruhrgebiet. Ein Aufschrei nationaler Empörung geht durch die Weimarer Republik. Die Reichsregierung ruft die Bevölkerung zum „passiven Widerstand“ auf. Industrie, Verwaltung und Verkehr werden mit Generalstreiks teilweise lahmgelegt.

1925  Das Friedrich-Lueg-Haus wird als erstes Hochhaus Bochums eröffnet.

1928  Der neue Schacht 12 der Zeche Zollverein in Essen ist mit 12.000 t/Tag die Schachtanlage mit der größten Förderrate im Ruhrbergbau überhaupt.

1929  Bochum ist mit 74 Schachtanlagen Europas grubenreichste Gegend.

1930  Die Gebr. Alsberg AG mit ihrem Umsatz von 200 Millionen Reichsmark steht im Handel an dritter Stelle hinter den Unternehmen Hermann Tietz (Hertie) und Rudolf Karstadt.

1931  Das neue Bochumer Rathaus wird eröffnet.

1932  In Bochum und Wattenscheid zählen zur jüdischen Religionsgemeinschaft 1.288 Personen.

1933  Gründung des Bochumer Tierparks.

1935  Im Kaufhaus Kortum (vorher Alsberg) liegt ab August 1935 die „Bescheinigung über den erfolgreichen Vollzug der Arisierung“ in einer Vitrine im Eingangsbereich aus.

1938  Am 9. November 1938 findet die Pogromnacht statt. Die ersten jüdischen Bürger werden in die Konzentrationslager verschleppt. Zerstörung von jüdischen Einrichtungen und Wohnungen. Etwa 500 jüdische Bürger sind namentlich bekannt, die in den folgenden Jahren bei der Shoa umkamen, darunter 19, die jünger als 16 Jahre alt waren. Im Dezember 1938 beginnt die jüdische Volksschullehrerin Else Hirsch mit der Organisation von insgesamt 10 Kindertransporten nach Holland und Großbritannien, um jüdische Kinder und Jugendliche zu retten.

1938  Im Zuge der Gleichschaltung entsteht der VfL Bochum am 15. April 1938.

1943  Am 13. und 14. Mai sowie 12. und 13. Juni erfolgen die ersten von 150 größeren Bombenangriffen auf Bochum.

1944  Im Spätherbst 1944 sind insgesamt etwa 32.500 Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen und Kriegsgefangene in Bochum registriert, es gibt mehr als 100 Lager.

1944  Am 4. November 1944 treffen binnen 1 Stunde zwischen 19 und 20 Uhr 10.000 Sprengbomben und über 130.000 Brandbomben die Stadt. 1.300 Menschen sterben, 2.000 werden verwundet, 70.000 werden obdachlos.

1945  Am 10. April 1945 marschieren die Amerikaner in Bochum ein. Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund sind zu 50-70 % zerstört. Flüchtlinge strömen in das Ruhrgebiet.

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