Glasmosaike Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule (1962)
Heinrich Wilthelm (Bochum, 1913-1969)
1962
Glas
Der Eingangsbereich der Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule ist mit einem dreiteiligen Mosaik von Heinrich Wilthelm gestaltet. Das Mosaik ist eine Darstellung des Gleichnisses von den klugen und den törichten Jungfrauen, das im Matthäus-Evangelium erzählt wird. Eine Beschreibung der Glasfenster im Chor der St. Marien-Kirche von 1968 gilt wohl auch für dieses Mosaik: „Aus der Entfernung erscheinen die Fenster wie abstrakte Zeichnungen auf hellem Karton, verschlungene Linien, farbige Ornamente. Mit jedem Schritt aber lösen sich die Rätsel ins Gegenständliche auf, bis sich die Fülle der Gestalten und Symbole völlig preisgibt. (WAZ, 2.3.1968)
Im Innenhof der Schule hat Heinrich Wilthelm 14 Glasmosaike gestaltet, die im Wechsel mit den Fensterflächen die Wände zum Leben bringen. Die bewegten, abstrakten Bilder erschließen sich nicht auf den ersten Blick. Sie erinnern stilistisch an farbige Linolschnitte. Dargestellt sind Themen aus antiker Mythologie und Dichtung.
Die Mosaike aus Muranoglas sind abstrakte Darstellungen symbolischer Zusammenhänge. „So wird etwa der Begriff des Sehens oder Schauens bildhaft gefaßt in der Andeutung eines menschlichen Kopfprofils, in dem das Auge – das Auge des Dichters – symbolhaft dominiert. Ein Eichbaum deutet auf das Verwurzeltsein im heimatlichen Boden, ein Vogelflug übers Meer hin auf das Fernweh, Diana mit dem Bogen auf Anmut und Freiheit, der Vogel Phönix auf das Emporschwingen in die geistige Welt, der Griechengott Pan auf die Ursprungswelt unserer Kultur.“ (Ruhr-Nachrichten, 2.12.1961)
Das Gebäude der Annette-Schule mit der für die Bauzeit typischen Architektur und den großflächigen Mosaiken wurde 2001 unter Denkmalschutz gestellt. Zur Zeit wird das Gebäude saniert, um zum Schuljubiläum 2012 wie neu dazustehen.
Die Gestaltung mit musischen Themen ist typisch für eine Mädchenschule der 1950er Jahre, ähnlich wie beim Hildegardis-Gymnasium an der Klinikstraße. Bei Jungenschulen stehen eher naturwissenschaftlich-technische Themen im Vordergrund. So finden sich im Treppenhaus des Graf-Engelbert-Gymnasiums drei Wandbilder von Heinrich Wilthelm, die Themen aus der Sagenwelt der Antike darstellen: der Auszug einer kriegerischen Reiterschar, die Argonautenfahrt ins Unbekannte und der Gesang des Orpheus. Die Motive „sollen in der Jungenschule den Anruf und den Aufbruch zur Auseinandersetzung mit dem Leben, die in die Welt hinausziehende Fernensehnsucht und den Hinweis auf die Kraft des Musischen verdeutlichen.“ (WAZ, 17.10.1962)
Für das Lessing-Gymnasium in Langendreer gestaltete Heinrich Wilthelm 1956 drei Wandmosaike zu den Themen Erde - Wasser - Luft. Jedes Thema ist mit einer Menschengestalt und einer Tierfigur umgesetzt: Der Urmensch auf der Jagd nach Wild, der Fischer mit dem Netz, Ikarus im Vogelflug.
Heinrich (auch: Heinz) Wilthelm wurde am 17.11.1913 in Bochum geboren. Ab 1928 besuchte er die Folkwangschule Essen, um Werbegraphiker zu werden, ab 1932 studierte er an der Kunstakademie Düsseldorf. Von 1939 bis 1945 war er als Soldat eingezogen. 1943 verlor er seine Frau bei einem Bombenangriff. Dabei wurden auch alle seine bisherigen Arbeiten vernichtet. Erst 1947 konnte Wilthelm nach Bochum zurückkehren um als Künstler zu arbeiten. Er war Mitglied und zeitweise Vorsitzender des Bochumer Künstlerbundes. Im Mittelpunkt seiner Arbeiten stand die Darstellung des Menschen. Er war Maler, Graphiker, Illustrator, zeichnete Entwürfe für Textilien und entwarf Glasmalerei. Er schuf hauptsächlich mehrfarbige Linolschnitte, hat in Bochum aber auch zahlreiche Fenster und Mosaike in Schulen und Kirchen gestaltet. Heinrich Wilthelm starb plötzlich und unerwartet im Alter von 56 Jahren in Bochum.
Standort:
Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule
Lohring 22
44789 Bochum
Siehe auch:
Schutzmantelmadonna Liebfrauenstraße
Brunnenfigur Hildegardis-Schule
Nachlesen:
bobi.net: Homepage der Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule
Forschungsstelle Glasmalerei: Heinrich Wilthelm
Wikipedia: Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen