artibeau : kunst in bochum - umsonst und draußen

Schule am Tippelsberg (1928)

Position in Karte zeigen (Neues Fenster).

Ernst Müller-Blensdorf (1896-1976) und andere.
1928
Holz, Keramik

Die Schule am Tippelsberg wurde zwischen 1926 und 1928 von der Stadt Bochum als Katholische Volksschule erbaut. Architekt war der Bochumer Stadtbaumeister Sepp Spannmacher.

In der Bochumer Innenstadt gab es mehrere Bauten mit ähnlichen Schmuckelementen (Zwerchgiebel, Erker, Blendnischen mit Plastiken). Das Gebäude sollte den Kern der „neuen Ortsmitte“ Riemke bilden. Die tatsächliche Entwicklung ist anders verlaufen.

Das Gebäude ist beinahe unverändert erhalten. Lediglich die Figuren an der Gaube an der östlichen Schmalseite fehlen. Der ursprünglich offene Laubengang ist leider völlig unpassend verglast.

Das Eckfenster an der westlichen Seite ist mit ornamentartig angeordneten geometrisch-abstrakten Pflanzenmotiven gestaltet.

Auffallend ist die aufwendige Gestaltung des Eingangsbereiches mit Türlaibungen aus grün glasierter Keramik. Rund um den Eingang läuft ein Fries mit großen Bienen, sprichwörtliche Zeichen des Fleißes.

Die schweren Türflügel sind mit geschnitzten Sternzeichenmotiven geschmückt. Die Holzreliefs (evtl. auch die Bauplastik?) stammen von dem Bildhauer Ernst Müller-Blensdorf (1896-1976). Er war Mitglied der Bergischen Kunstgenossenschaft (BGK) und entwarf auch das Relief „Drei Lebensalter“ im Hauptbahnhof Oberhausen.

„Ab 1926 führte er zahlreiche öffentliche Aufträge aus, darunter Denkmäler für die Gefallenen des 1. Weltkriegs in Neviges und Wuppertal-Nächstebreck, die Eingangstür der Volksschule in Bochum [!], eine Skulptur am Finanzamt in Hagen, eine Büste von Jung-Stilling, die sich nun in der Stadtbibliothek Elberfeld befindet und die abgebildeten Steinguss-Arbeiten zum Thema weltweiter Kommunikation. 1930 wurde Müller-Blensdorf Dozent an der Kunstgewerbeschule Wuppertal.“ (Katalog zur Ausstellung BKG: heute gestern und morgen. 100 Jahre Bergische Kunstgenossenschaft 1905-2005)

Seine Arbeiten und Pläne ab 1930 von den Nationalsozialisten mit Misstrauen beobachtet. Er bekam keine öffentlichen Aufträge mehr. Seine Figuren, insbesondere die der Kriegerdenkmäler, entsprachen zwar formal den Erwartungen der neuen Machthaber, nicht aber inhaltlich, weil sie eher dumpfe Schicksalsergebenheit als Heldentum und männliche Wehrhaftigkeit ausstrahlten.

1933 emigrierte der Künstler nach Norwegen. 1935 wurden in Deutschland von ihm geschaffene Denkmäler sowie sein Atelier in Bonn zerstört. 1940 musste er nach England fliehen. 1947 wurde er Mitglied der Royal Academy. Ernst Müller-Blensdorf (In England Ernst Blensdorf) wurde britischer Staatsbürger und kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück. Er starb 1976 in Bruton (Somerset).

Die architektonische und künstlerische Gestaltung fordert den Vergleich mit dem nur ein Jahr später gebauten Polizeipräsidium heraus.

Standort:
Schule am Tippelsberg
Hiltroper Straße 53
44807 Bochum

Siehe auch:
Polizeipräsidium, Hoheitszeichen

Nachlesen:
ruhr-bauten.de: Schule am Tippelsberg
Architekturführer Bochum, 1986, S. 90
Der Bildhauer Ernst Müller-Blensdorf (1896-1976) - ein Emigrantenschicksal.
Katalog zur Ausstellung im Städtischen Museum Schleswig, 25. September bis 27. Oktober 1996.
BKG: heute gestern und morgen. 100 Jahre Bergische Kunstgenossenschaft 1905-2005. Katalog zur Ausstellung in Wuppertal 2005 (PDF)
Wikipedia: Relief „Drei Lebensalter“ im Hbf Oberhausen

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Chronologie 1914-1945

1914-1918  Erster Weltkrieg. Die Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet macht Riesengewinne. Die Bevölkerung hungert.

1915  Der Rohbau des Kaufhauses der Gebrüder Alsberg (später Kaufhaus Kortum) ist fertiggestellt, doch muss er als Lebensmittellager dienen.

1919  Saladin Schmitt wird Intendant des Bochumer Stadttheaters.

1920  Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (heute Regionalverband Ruhr) gegründet

1922  Höchste Beschäftigtenzahl im Ruhrbergbau: 576.644 Personen.

1923  Zwischen dem 11. und dem 16. Januar besetzen französische und belgische Truppen das gesamte Ruhrgebiet. Ein Aufschrei nationaler Empörung geht durch die Weimarer Republik. Die Reichsregierung ruft die Bevölkerung zum „passiven Widerstand“ auf. Industrie, Verwaltung und Verkehr werden mit Generalstreiks teilweise lahmgelegt.

1925  Das Friedrich-Lueg-Haus wird als erstes Hochhaus Bochums eröffnet.

1928  Der neue Schacht 12 der Zeche Zollverein in Essen ist mit 12.000 t/Tag die Schachtanlage mit der größten Förderrate im Ruhrbergbau überhaupt.

1929  Bochum ist mit 74 Schachtanlagen Europas grubenreichste Gegend.

1930  Die Gebr. Alsberg AG mit ihrem Umsatz von 200 Millionen Reichsmark steht im Handel an dritter Stelle hinter den Unternehmen Hermann Tietz (Hertie) und Rudolf Karstadt.

1931  Das neue Bochumer Rathaus wird eröffnet.

1932  In Bochum und Wattenscheid zählen zur jüdischen Religionsgemeinschaft 1.288 Personen.

1933  Gründung des Bochumer Tierparks.

1935  Im Kaufhaus Kortum (vorher Alsberg) liegt ab August 1935 die „Bescheinigung über den erfolgreichen Vollzug der Arisierung“ in einer Vitrine im Eingangsbereich aus.

1938  Am 9. November 1938 findet die Pogromnacht statt. Die ersten jüdischen Bürger werden in die Konzentrationslager verschleppt. Zerstörung von jüdischen Einrichtungen und Wohnungen. Etwa 500 jüdische Bürger sind namentlich bekannt, die in den folgenden Jahren bei der Shoa umkamen, darunter 19, die jünger als 16 Jahre alt waren. Im Dezember 1938 beginnt die jüdische Volksschullehrerin Else Hirsch mit der Organisation von insgesamt 10 Kindertransporten nach Holland und Großbritannien, um jüdische Kinder und Jugendliche zu retten.

1938  Im Zuge der Gleichschaltung entsteht der VfL Bochum am 15. April 1938.

1943  Am 13. und 14. Mai sowie 12. und 13. Juni erfolgen die ersten von 150 größeren Bombenangriffen auf Bochum.

1944  Im Spätherbst 1944 sind insgesamt etwa 32.500 Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen und Kriegsgefangene in Bochum registriert, es gibt mehr als 100 Lager.

1944  Am 4. November 1944 treffen binnen 1 Stunde zwischen 19 und 20 Uhr 10.000 Sprengbomben und über 130.000 Brandbomben die Stadt. 1.300 Menschen sterben, 2.000 werden verwundet, 70.000 werden obdachlos.

1945  Am 10. April 1945 marschieren die Amerikaner in Bochum ein. Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund sind zu 50-70 % zerstört. Flüchtlinge strömen in das Ruhrgebiet.

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